Verpaarung (Kopulation)

Verpaarung (Kopulation)-Guide für Gottesanbeterinnen


Einleitung

Dieser Zucht-Guide beschreibt den allgemeinen Ablauf der Verpaarung (Kopulation) von Gottesanbeterinnen. Der Inhalt basiert auf praktischen Erfahrungen und richtet sich nach beobachtetem Verhalten der Tiere.


Geschlechtsreife erkennen

Vor jeder Zucht gilt: beide Tiere müssen adult sein. Nach der Adult-Häutung benötigen sie noch Zeit, bis sie geschlechtsreif sind. Die Dauer ist artspezifisch: Größere Arten brauchen in der Regel ca. 3–4 Wochen, kleinere ca. 1–3 Wochen (Faustregel).
Ein sehr verlässlicher Hinweis beim Weibchen ist das Pheromon-Sprühen: Das Abdomen (Hinterleib) wird deutlich vom Flügelbereich weg in einem Winkel von etwa 45° abgesenkt und pulsierend („Pumpen“) bewegt – dabei werden Pheromone abgegeben, die Männchen anlocken und die Paarungsbereitschaft signalisieren. Für Menschen sind diese Pheromone weder sichtbar noch riechbar; man erkennt nur die Körperhaltung und das Pumpen.
Männchen werden in der Regel früher geschlechtsreif als Weibchen. Eine gute Orientierung: Sind beide Tiere zeitnah adult geworden und zeigt das Weibchen Pheromon-Sprühen, ist das Männchen mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls soweit. Außerdem werden reife Männchen deutlich aktiver, besonders zur Abenddämmerung: Sie laufen unruhig umher, als würden sie nach einem Weibchen suchen. Reagiert ein Männchen gar nicht auf ein präsentiertes Weibchen (keine Aufmerksamkeit, keine Spannung), ist es sehr wahrscheinlich noch nicht soweit – dann einige Wochen warten und erneut versuchen.

Die artgenauen Reifezeiten (♀/♂) werden in der Mantiden-Datenbank aufgeführt. → Mantiden-Datenbank | Arten, Haltung & Besonderheiten – Mantiden Park


Vorbereitung der Verpaarung

Vor der Zusammenführung sollte das Weibchen gut genährt sein (rundes Abdomen), um Hunger-Aggression zu dämpfen – vollständig ausschalten lässt sich das Risiko natürlich nie.
Der Ort entscheidet über Sicherheit: Ideal ist ein freier Raum (Zimmer), alternativ Duschkabine, großes Schmetterlingsnetz oder ein sehr großes Terrarium. Wichtig sind Ruhe und Sicherheit (keine geöffneten Fenster, keine Störungen).
Die Verpaarung erfolgt bevorzugt zur Dämmerung bei gedimmtem Licht. Ein gedimmtes Ringlicht ist praktikabel: Raumlicht aus, nur sanfte Beleuchtung am Ort des Geschehens, damit du siehst, die Tiere aber nicht grell beleuchtet sind. Das Männchen bleibt so eher „im Schatten“ und wird weniger offensichtlich wahrgenommen.

Setze das Weibchen auf einen robusten, verzweigten Ast, damit es orts­treu bleibt und nicht durchs Zimmer wandert. Gib ihr ein großes, zur Art passendes Futtertier direkt in die Fangarme und lass Sie 1–2 Minuten fressen, damit der Fokus auf Nahrung liegt.


Zusammenführung und Annäherung

Nimm dann das Männchen (auf der Hand, auf einem zweiten Ast o. Ä.) und nähere es langsam an das Weibchen an – nicht direkt davor, aber auch nicht zu weit entfernt. Etwa 30 cm Abstand sind ein guter Start, damit es das Weibchen klar registriert.
Jedes Männchen hat „Charakter“: Manche springen/gleiten in einem Zug auf, andere tasten sich sehr langsam heran. Zeigt es eine kurze Starre, kann ein sehr sanftes Anpusten oder leichtes Antippen von hinten helfen – ohne zu erschrecken. Wichtig ist Zeit und Ruhe; nichts erzwingen.
Eine bewährte Variante: Setze das Männchen 20–30 cm hinter das Weibchen auf denselben Ast und lass es selbstständig entscheiden. Solange das Männchen noch nicht aufgesessen ist, solltest du anwesend bleiben – diese Phase ist für das Männchen am gefährlichsten.

Beobachtbares Verhalten: Manche Männchen "antennen" das Weibchen – sie berühren den Rücken des Weibchens tastend mit den Fühlern; bei z. B. Hymenopus coronatus kommt es auch zu einem „Trommeln“ mit den Fangarmen auf dem Weibchen. Dieses Verhalten dient der Besänftigung des Weibchens.


Notfall: Schutz des Männchens

Sollte das Weibchen das Futter fallen lassen und aggressiv zum Männchen umschwenken, ist vorbereitetes Eingreifen sinnvoll – aber extrem vorsichtig und ohne Gewalt.
Halte eine lange Holz-/Bambuspinzette oder einen Stab/Ast bereit. Unterfahre bei Bedarf die Fangarme des Weibchens, sodass sie nicht zupacken kann, und blocke zusätzlich das Mundwerkzeug (Mandibeln), damit es nicht ans Männchen gelangt. Ziel ist Abschirmung, nicht Klemmen oder Drücken. Grobes Handling kann beide Tiere verletzen – daher ruhig, behutsam, bedacht vorgehen. Falls ein Angriff stattfand, danach Weibchen und Männchen separieren und 4–5 Tage Pause geben, bevor du es erneut versuchst.


Kopulation (Verpaarung)

Ist das Männchen aufgesessen, klammert es sich am Weibchen fest und sucht mit seinem Abdomenende die Genitalöffnung des Weibchens. Es kann vorkommen, dass es die Öffnung nicht sofort findet, sich kurz umdreht („falsch herum“) und anschließend wieder korrekt positioniert – das ist normal; nicht eingreifen.
Sobald die "Verbindung" hergestellt ist (Einführung des männlichen Kopulationsorgans; Übergabe der Spermatophore, „Samenpaket“), ist der kritischste Teil überstanden. Jetzt abdunkeln (gedimmtes Umgebungslicht genügt) und die Tiere vollständig in Ruhe lassen. Die Kopulation kann mehrere Stunden dauern und oft über Nacht andauern.


Nach der Kopulation

Nach dem Lösen der "Verbindung" verharrt das Männchen häufig noch auf dem Weibchen. Bei einigen Arten – z. B. H. coronatus – kann das stunden- bis tagelang so bleiben, u. a. als Schutzverhalten und zur Rivalenabwehr. Das sollte man akzeptieren und nicht erzwungen unterbinden.
Anschließend springt oder fliegt das Männchen vom Weibchen ab. Hier zahlt sich eine große Fläche (Zimmer/Duschkabine/Netz, großes Terrarium) aus: Das Männchen braucht Raum zur Flucht, um der Aufmerksamkeit des Weibchens zu entgehen. In engen Behältern ist das Risiko hoch, dass das Weibchen das Männchen wieder findet und frisst.
Wenn die Paarung in einem Terrarium stattfindet, am nächsten Tag prüfen: Sitzt das Männchen nicht mehr auf dem Weibchen, vorsichtig entnehmen, um das Risiko eines Angriffes zu minimieren.


Spermatophore, Oothek und Wartezeit

In vielen Fällen scheidet das Weibchen nach erfolgreicher Kopulation die leere Spermatophore (Spermapaket-Hülle) aus. Das ist ein sehr gutes Zeichen für eine erfolgreiche Befruchtung.
Bis zur ersten Oothek vergehen typischerweise 1–4 Wochen, abhängig von der Art und den Haltungsparametern. Alles Weitere zur Inkubation folgt im nächsten Abschnitt       Inkubation & Aufzucht von Mantiden | Tipps für Ootheken & Nymphen – Mantiden Park